Gedanken zum Harry Potter Hype
Wien [ENA] Was war der Harry Potter Hype, der in den Jahren nach der Erstauflage 1997 ein eigenartiges Zusammentreffen von Kinder-Jugend-und Erwachsenenliteratur zeigte? Zufall oder Notwendigkeit? Oder nur einer jener Hypes, der die Massen der westlichen Konsumgesellschaften immer wieder in Aufregung versetzt? Oder ein extrem raffiniertes Buchkonzept, dass Jugendliche in die Erwachsenenwelt katapultierte und umgekehrt?
Schwer zu sagen! Nichtsdestotrotz hat sich die siebenbändige Buchreihe unglaubliche 500 Millionen Mal verkauft und wurde in 80 Sprachen übersetzt. Das ist bemerkenswert, denn so leicht zu lesen ist diese dichte, kalte und technische Sprache gar nicht, um sie schnell überfliegen zu können. Umsomehr zum Beispiel der letzte Band "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" ganze 766 Buchseiten zählt und man stellenweise sehr viel Konzentration braucht, um den vielen, oft banalen Dialogen, der Flut von schwer nachvollziehbaren fantastischen Aktionen und Handlungsabläufen oder den vielen Kunstwörtern und Namen folgen zu können. Dazu kommt eine in der Kinder-und Jugendliteratur nie dagewesene realistische Darstellung von Grausamkeiten.
Sadismus und Horror sind nicht märchenhaft verbrämt, sondern teilweise für Hartgesottene beinharter Verbrechensliteratur konzipiert. Ob es da eine Rolle spielt, dass die Bücher auch als Entwicklungs-und Bildungsroman gelesen werden können, da ja der Protagonist ein Jugendlicher ist, sei dahingestellt. Und doch ist es vielleicht kein Zufall, dass der Harry Potter Hype in eine Zeit fiel, in der sich gerade die Computerwelt und Internetgesellschaft zu etablieren begann, die auch Jugendliche hineinriss in eine "magische" Parallelwelt, in der die Abgründe der menschlichen Gesellschaft offensichtlich werden. Dass die neue digitale Welt an "Zauberei" zu grenzen scheint, gibt den Harry Potter Büchern vielleicht einen fast prophetischen Anstrich.